Ich hab meine Tiere alle lieb. Aber damals in der Zeit vor ihrem Tod hatte ich nur noch mein Hündin in meinem Kopf, vor meinen Augen, unter meinen Händen, in meinen Gedanken. Dashra hieß meine Maus, meine hübsche Riesenschnauzerdame und Hundewitwe seit fast zwei Jahren. Ihr Riesenschnauzermann Zorro war mit 13 gestorben und liegt bei uns im Garten unter dem Apfelbaum.
Dashra hatte sich damit allerdings arrangiert. Besser noch, sie war irgendwie sehr zufrieden damit, ab dann unser einziger Hund zu sein. All eyes on her. Sie war knapp zwölf und sehr krank. Krebs, böses Wort und eine ganz böse Sache. Wir sagen, sie hatte Tumore. Das klingt nur ein bisschen besser. Sie war total dünn, aber durch ihr Wuselfell sah man das nicht so richtig.
Dann waren wir beim Hundefriseur. Au weia, sie war zwischenzeitlich ein echtes Rippengestell. Man konnte alle Knochen zählen. Ich hab das gut in Erinnerung, dann beim anschließenden Spaziergang bin ich von 9 (in Worten NEUN!) Leuten angesprochen worden: Mein Gott, ist der dünn. Füttern Sie den denn nicht? Der ist aus dem Tierschutz, oder? Ach der Arme, ist er krank? Der Knubbel unterm Bauch ist ja riesig, kann man das nicht wegschneiden? Der ist ja mehr tot als lebendig, der arme Hund.
Ja, das ist richtig. Das sah nicht schön aus. Nein, man konnte den Knubbel nicht wegschneiden. Und ja, sie wog damals tatsächlich nur noch 27 Kilogramm. Aber Leute, ganz ehrlich, sie war seit fast zwölf Jahren unser Hund. Und sie war trotzdem total gut drauf. Sie war lebendig, sie war da, total präsent, und sie war einfach meine Herzensdashra.
Sie schlief in unserem Schlafzimmer. Ein Hund im Schlafzimmer? Geht gar nicht. Doch, das geht. Und ich liebe das. Wenn mein Mann zur Arbeit gefahren war, holte ich sie in mein Bett. Das verrate ich natürlich nicht. Niemals. Wir haben uns ja immer gegen Hunde im Bett ausgesprochen.
Ich nahm sie auch überall mit hin, weil ich nicht wollte, dass sie sich einsam fühlte. Vielleicht habe ich ja auch ein bisschen übertrieben. Weil wenn sie schlief, dann schlief sie. Sie hätte wahrscheinlich nicht gemerkt, dass ich nicht da war. Klingeln an der Tür? Keine Reaktion. Besuch? Dashra schläft. Aber total süß, wenn sie wach wurde: Wow, ihr seid ja alle da! Dann wurde jeder begrüßt, freudig und sehr sanft. Quasi alterssanft. Aber dann stellte ich mir vor, sie wird wach, und niemand ist da. DAS geht doch gar nicht. Deshalb war sie überall dabei.
Manche Menschen mochte sie allerdings seit ihrer Pubertät nicht. Falscher Geruch? Falsches Aussehen? Wer weiß – das hat sich jedenfalls bis zum Schluss nicht geändert. Deshalb musste ich immer aufpassen, man weiß ja nie. Schließlich bleibt so ein Riesenschnauzer, was er immer schon war: selbstbestimmt, eigenständig und entscheidungsfreudig. Deshalb haben wir miteinander gesprochen, die Maus und ich. Im Zweifelsfall war ich der Chef. Das hatten wir von Anfang an so vereinbart.
Unser Leben ist bunt, es riecht nach Pferd, nach Wiesen und Wald und nach zu Hause. Wir waren in guten Händen bei unserem Tierarzt. Sie bekam Vitalstoffe aus der Orthemolekularmedizin, bestes Futter, homöopathisches Tarantula und vieles, vieles mehr, vor allem sehr viel Liebe. Also – es ging ihr gut, sie war fröhlich und sie hatte keine Schmerzen.
Aber. Für mich war es eben nicht nur eine intensiv bunte, sondern auch eine schwere Zeit. Ich sah, dass sie immer dünner wurde, ich sah wie der Milchleistentumor immer größer wurde, und ich konnte mir ausrechnen, dass selbst der gesündeste Hund nicht ewig lebt. Also war ich traurig. An dem besagten Morgen nach dem Friseurtermin und nach diesem Spaziergang mit all den Kommentaren (grrrrr) hatte ich lange geweint. Aus Mitleid mit Dashra, aus Mitleid mit mir und weil ich den Tag fürchtete, an dem wir auch sie in unserem Garten würden beerdigen müssen.
Ich finde, das ist völlig in Ordnung so. Ich glaube, dass es uns hilft, die Dinge anzunehmen, wie sie kommen und unser Bestes zu geben, damit alles gut und wertvoll wird und voller Liebe. Wir haben unseren Hunden unser Leben, unsere Liebe und unsere Zeit geschenkt, solange wir konnten, und sie haben sie genommen und auch alles gegeben, so gut und solange sie konnten. Das sind wahre Geschenke im Leben, finde ich.
Als wir also dann unsere Dashi beerdigen mussten, wollte ich so traurig sein können, wie ich war und solange ich meinte und so doll wie sie es verdient hatte, egal wie lange das in echt dauerte. Ich bin auch heute noch traurig. Aber danach und währenddessen und immer noch bin ich von Herzen dankbar, dass ich sie gehabt habe. Und in der Zeit ihrer Krankheit habe ich sie geliebt und gehegt und gepflegt, so gut wie ich konnte. Und es war mir total egal, wie sie aussah.
Kurz bevor sie in den Hundehimmel eingezogen ist, direkt nach unserem Friseurtermin, hatte ich noch ein Mäntelchen für sie bestellt. Nicht, damit die Leute nicht mehr sahen, wie dünn sie war. Sondern damit sie nicht so frieren musste.
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